Eltern, die wegen Kita-Schließungen oder Schulschließungen aufgrund der Corona-Pandemie ihre Kinder betreuen müssen, können dafür jetzt Kinderkrankengeld beziehen. Pro Elternteil gibt es 20 Tage für jedes Kind im Jahr 2021, für Alleinerziehende 40. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben seit Monaten mehr Unterstützung für Eltern in der Krise gefordert. Das zusätzliche Kinderkrankengeld für Eltern ist kurzfristig ein Schritt in die richtige Richtung, reicht jedoch bei Weitem nicht aus.
++Aktualisiert: Alle Fakten & Infos „Corona: Kinderbetreuung, Kinderkrankengeld und Co.“++
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Das „Corona-Kinderkrankengeld“ kommt. Der Bundesrat hat in einer Sondersitzung die von den MinisterpräsidentInnen und der Bundesregierung angekündigte Regelung beschlossen.
Für wen gibt es „Corona-Kinderkrankengeld“?
Mit der neuen Regelung gelten rückwirkend vom 5. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 neue Unterstützungsmaßnahmen für Eltern, die von Schließungen und Einschränkungen von Kitas und Schulen betroffen sind. Das Recht auf Freistellung von der Arbeit und auf Zahlung des Kinderkrankengeldes in diesem Zeitraum wird zeitlich erweitert und auf neue Fallkonstellationen erstreckt. Konkret bedeutet das:
- Erfasst sind weiterhin die Fälle der aufgrund einer Erkrankung des Kindes notwendigen Betreuung.
- Zusätzlich erfasst werden auch die Fälle der Betreuung aufgrund von Schul- und Kitaschließung, Quarantäneanordnung, Einschränkung der Betreuungsangebote, Aufhebung der Präsenzpflicht an den Schulen bei Kinder bis 12 Jahren. Erfasst ist auch die Schließung und Einschränkung der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.
- Die Freistellung mit Kinderkrankengeld kann nun in folgendem Umfang wahrgenommen werden: 20 Tage pro Kind und Elternteil im Jahr 2021, 40 Tage pro Kind für Alleinerziehende. Maximal 45 Tage pro Jahr pro Elternteil bzw. 90 Tage für Alleinerziehende. Das bedeutet 40 bzw. 80 Tage bei zwei Kindern und ab drei Kindern 45 pro Elternteil bzw. 90 Tage für Alleinerziehende im Jahr.
- Der Anspruch besteht für gesetzlich Krankenversicherte und kann über die Krankenkassen geltend gemacht werden.
- Auch Eltern, deren Tätigkeit es ermöglichen würde, von Zuhause zu arbeiten, können die Freistellung und das neue „Corona-Kinderkrankengeld“ in Anspruch nehmen.
- Die Grundlage für die Inanspruchnahme der Freistellung mit Kinderkrankengeld bei Schließung / Einschränkung von Schulen und Kitas ist die Bescheinigung der Betreuungseinrichtung.
- Für die Höhe des „Corona-Kinderkrankengeldes“ gilt wie bisher für das Kinderkrankengeld: Das Kinderkrankengeld beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoeinkommens. Bei Beschäftigten, die innerhalb der letzten 12 Monate eine einmalige Zahlung bekommen haben, wie zum Beispiel Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, 100 Prozent des ausgefallenen Nettoeinkommens. Begrenzt ist es allerdings auf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 112,88 Euro pro Tag. Vom Kinderkrankengeld werden anteilige Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungsbeiträge abgeführt.
Klar geregelt ist das Verhältnis der neuen Leistung zu dem bisherigen Anspruch auf Entschädigung für Eltern nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1a IfSG). Beide bleiben bestehen. Während des Bezugs des Kinderkrankengeldes ruht der Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG.
Kinderkrankengeld beantragen: So geht’s
Den Antrag auf Kinderkrankengeld stellen gesetzlich krankenversicherte Eltern bei ihrer gesetzlichen Krankenversicherung.
Für den Fall, dass die Krankenkasse einen entsprechenden Nachweis verlangt, gibt es inzwischen eine vom Bundesfamilienministerium bereitgestellte Musterbescheinigung. Auf dieser Musterbescheinigung für das Kinderkrankengeld können sechs verschiedene Fälle angekreuzt werden, warum im Corona-Lockdown Kinderkrankengeld in Anspruch genommen werden soll:
- aufgrund der Schließung der Betreuungseinrichtung/Schule aus Gründen des Infektionsschutzes
- aufgrund der Untersagung des Betretens der Betreuungs einrichtung/Schule aus Gründen des Infektionsschutzes
- aufgrund der Anordnung bzw. Verlängerung von Betriebsferien/Schulferien aus Gründen des Infektionsschutzes
- aufgrund einer Beschränkung des Zugangs zum Kinder betreuungsangebot aus Gründen des Infektionsschutzes
- aufgrund einer Empfehlung von behördlicher Seite, die Betreuungseinrichtung aus Gründen des Infektionsschutzes nicht zu besuchen
- aufgrund einer Aufhebung der Präsenzpflicht in der Schule aus Gründen des Infektionsschutzes
Die Bescheinigung kann dann von der entsprechenden Einrichtung (Schule/Kita/Kindertagespflegestelle) unterzeichnet/gestempelt werden.
Wichtig: Wer Kinderkrankengeld beantragt, weil das zu betreuende Kind tatsächlich krank ist, muss weiterhin eine ärztliche Bescheinigung fürs Kinderkrankengeld vorlegen – keine Bescheinigung der Kita oder Schule.
Kritik des DGB: Lösungen bei längeren Schließungen fehlen
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben seit Monaten mehr Unterstützung für Eltern in der Krise gefordert. Das von Bund und Ländern beschlossene zusätzliche Kinderkrankengeld für Eltern ist daher kurzfristig ein Schritt in die richtige Richtung, reicht jedoch bei Weitem nicht aus.
Mit dem klaren Freistellunganspruch der Eltern bei aktuellen Schließungen unabhängig von der Möglichkeit des Arbeitens von Zuhause aus wird anerkannt, dass Homeoffice und Homeschooling einander ausschließen. Dazu DGB-Chef Reiner Hoffmann: „Ein echter Fortschritt ist allerdings, dass die Leistung gelten soll, unabhängig davon, ob die Arbeit im Homeoffice erledigt werden kann. Homeoffice und nebenbei Homeschooling oder Kinderbetreuung – das funktioniert eben nicht.“
Es ist zu hoffen, dass nun im Rahmen des bereits etablierten Verfahrens über die Krankenkassen Eltern schnell und unbürokratisch entlastet werden. Die Regelung wird allerdings die Familien je nach Zahl der Kinder unterschiedlich stark entlasten und orientiert sich nicht an der Dauer der Pandemie. Nach wie vor fehlen Lösungen, wie Eltern bei länger andauernden Schließungen abgesichert werden.
Finanzierung greift tief in die Taschen der BeitragszahlerInnen
Besonders kritisch zu bewerten ist die Finanzierungsfrage. Dazu Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB: „Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Das gute und richtige Vorhaben, Eltern die wegen geschlossener Kitas und Schulen oder ausgesetzter Präsenzpflicht Kinder zu Hause betreuen, jetzt schnell und unbürokratisch zu entlasten, hat einen großen Pferdefuß: Der Gesetzgeber strapaziert dafür die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung und greift tief in die Taschen der Beitragszahler ohne die Kosten eins zu eins zu erstatten. Somit bleiben die Beitragszahler auf den Kosten der Pandemie sitzen, für die eigentlich die Steuerzahler insgesamt aufkommen müssten. Schon heute verzeichnen die gesetzlichen Krankenkassen pandemiebedingt enorme finanzielle Defizite.“
Quelle: https://www.dgb.de/themen/++co++8389e764-5019-11eb-b281-001a4a160123